Lehrer und Schüler der Salier-Gemeinschaftsschule besuchen Schulen im Ausland / Einiges von dort wird jetzt hier umgesetzt.
Die Schüler der Salier-Gemeinschaftsschule gehen bald in Socken oder Hausschuhen durch ihr Schulhaus. Dadurch soll es leiser werden. Laute Schritte oder lautstarkes Gerenne und Treten gegen das Treppengeländer dürften so der Vergangenheit angehören. Die pädagogische Maßnahme haben die Waiblinger Lehrer aus Finnland und Holland mitgebracht. Dort ist die schuhfreie Schule schon lange Realität. Insgesamt gehe es an den Schulen im Norden leiser und geordneter zu.
Das berichten Anna Kuhnle und Marie-Luise Leifheit, die beide als Klassenlehrerinnen an der Gemeinschaftsschule unterrichten. Das Erasmus-Programm, das vor allem bei Studenten bekannt ist, die so ein oder zwei Semester an einer anderen Hochschule in Europa studieren können, gibt es auch für Schulen. Die Salier-Gemeinschaftsschule nimmt seit zwei Jahren an dem Programm teil, genauer: An zwei Programmen – einem für Schüler und einem für Lehrer. An der Salierschule waren in den vergangenen beiden Jahren zehn Lehrkräfte mit dem Programm an einer Schule im Ausland, darunter auch die Schulleiterin Renate Hartmann.
Die Lehrer waren in Finnland, Norwegen, Schweden und Italien. Bei den einwöchigen Aufenthalten an einer Schule im europäischen Ausland geht es unter anderem darum, von den Schulen zu lernen und positive Beispiele mitzubringen. Bei einer Vorveranstaltung konnen die einzelnen Schulen geeignete Partnerschulen finden. Wir waren am Thema Nachhaltigkeit sehr interessiert”, erklärt die Salier-Lehrerin Anna Kuhnle. Wie bei einem Speed Dating” habe man sich dann mit Schulen aus Finnland, Norwegen, Schweden und Italien zusammengefunden, die ebenfalls am Thema Nachhaltigkeit interessiert waren.
Im vergangenen Oktober durften dann auch die Salier-Schüler zum ersten Mal mit dem Erasmus-Programm für eine Woche ins Ausland. Es ging in die niederländische Stadt Almere, die rund 30 Fahrminuten östlich von Amsterdam liegt. Die beiden Salier-Schüler Paul und Genc beeindruckten vor allem die Pflanzen und Tiere in der holländischen Schule. ,,Es gab so viel Natur im Gebäude, zum Beispiel Moos oder Pflanzen, die von der Decke hingen“, berichtet Genc. Da die Gegend vom Gewächshausanbau lebe, lernen die holländischen Schüler, wie man sät, pflanzt und erntet, erklärt Marie Luise Leifheit.
Paul faszinierte nicht nur die botanische Vielfalt an der niederländischen Schule, sondern auch die schuleigenen Tiere, darunter Schlangen, Vögel und eine Bienenkolonie, wie der Schüler berichtet. Die Schule verkauft Honig und aus einer eigenen Gärtnerei Blumen.
Um Ansätze der anderen Schulen in der Waiblinger Gemeinschaftsschule umzusetzen, werden die einzelnen Vorschläge im Gesamtkollegium besprochen, erklärt die Direktorin Renate Hartmann: „Dann werden die Eltern mit ins Boot geholt.” Neben der Hausschuhpflicht sei auch das sogenannt Handy-Hotel im Gespräch. Die Idee stammt ebenfalls aus dem Erasmus-Programm. Das Handy-Hotel ist eine mit Ladestationen versehene Kiste, in welche die Schüler zu Beginn der Stunde ihre Handys legen. Bisher sind die Schüler angehalten, ihre Handys während des Unterrichts auszuschalten. Das wirklich zu kontrollieren ist allerdings so gut wie unmöglich.
Manches lässt sich allerdings in Waiblingen nicht so einfach umsetzen. So hätten gerade die Schulen in Finnland und Schweden eine viel bessere finanzielle und somit personelle Ausstattung. „Ganz oft gibt es dort eine zweite oder dritte Lehrkraft, die sich auf einzelne Schüler einstellen kann“, erklärt Anna Kuhnle, die am Salier Deutsch und Englisch unterrichtet. Die Schüler, die schlechter mitkämen, würden dann in einem Extra-Zimmer, das an jedes Klassenzimmer anschließt, gesondert betreut, bis sie wieder auf dem Stand der Klasse sind. Auch habe jedes Kind einen Laptop.
„Insgesamt ist der Unterricht von Klasse eins bis zehn sehr ritualisiert in den nordischen Ländern. Der Tag ist strukturierter. Dazu gehört auch, den Schülern beizubringen, wie sie sich richtig in einer Reihe aufstellen sollen”, erklärt Hartmann. Die Direktorin sieht die Stärke der Salier-Schule gegenüber ihren Erasmus-Partnerschulen im kooperativen Lernen, sprich dem gemeinsamen Lernen in der Gruppe. Jeder vierte Lehrer an der Waiblinger Gemeinschaftsschule ist in dieser Lehrmethodik speziell ausgebildet.
(Waiblinger Kreiszeitung vom 4. Februar 2020, Konstantin Riffler, Titelfoto: Habermann, Fotos: Walz)
Schüler lernen am Erasmusday den Schulalltag der Partnerschulen im Ausland kennen.